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Nachrichten > Kultur und Bildung

Ökumenisches Musikprojekt beeindruckte in der katholischen Kirche


(Fotos: Wörner)

(cr) (khm) Die Katholische Kantorei Eberbach führte am Samstag, 25. November, in der Kirche St. Johannes Nepomuk gemeinsam mit dem Evangelischen Chor der Regiswindiskirche Lauffen das Werk “Ein deutsches Requiem Op. 45” von Johannes Brahms auf.

Die Gesamtleitung hatte der Lauffener Kantor Manuel Mader, der schon 2020 als stellvertretender Interims-Dirigent für Kantor Severin Zöhrer eine aus Pandemie-Gründen nicht möglich gewordene Fassung mit zwei Klavieren und den für das Requiem so wichtigen Pauken (Bearbeitung H. Poos) einstudiert hatte. In der jetzt 2023 gewählten originalen Orchesterfassung waren zu hören das Orchester "Ensemble musica viva Stuttgart" sowie die Gesangssolisten Torsten Meyer (Bariton) und Ulrike Kristina Haerter (Sopran), eingesprungen für die erkrankte Miriam Burkhardt.
"Das Brahms´sche Requiem kam ... zu einer Aufführung, welche nicht allein im großen Ganzen wirklich brillant war, sondern auch ins Detail hinein ganz dazu angethan war, der hervorragenden, höchst genialen Composition einen durchschlagenden Erfolg zu sichern." Diese Worte - der Leser wird es schon der Diktion wegen vermutet haben - handeln nicht direkt von der Eberbacher Darbietung. Sie betreffen die Uraufführung des zunächst nur sechsteiligen Requiems (ohne den 5. Satz mit dem Sopransolo) am Karfreitag 1868 im Bremer Dom. Aber sie scheinen doch recht gut auf die Eberbacher Darbietung zuzutreffen und auch die am Beifall zu hörende Meinung der zahlreich anwesenden Besucher zu sein. Was nämlich befähigte Solisten, mit Begeisterung singende Chöre, ein versiertes Instrumentalensemble und ein engagierter Dirigent vermochten, konnte sich wohl hören lassen. Für den unaffektiert mit sicherer Hand die Solisten, Chor und Instrumentalisten führenden Dirigenten Manuel Mader könnte man Franz Liszt bemühen, der einmal sagte, dass Dirigenten keine Ruderknechte seien, sondern Steuerleute.

Der erste Teil des Requiems begann in der dunklen Klangfarbe der mehrfach geteilten Violen und Celli - Violinen blieben ausgespart - , was eindrucksvoll in etwa die Gemütslage von Trauernden vermitteln dürfte. Die zweite Seligpreisung aus der Bergpredigt "Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden..." (Matth. 5,4) sang dann leise und a cappella der vereinte Kantoreienchor, was das zentrale Anliegen des Werks gut verdeutlichte: Trostspendung und Überwindung von Todesangst für Trauernde, Hinterbliebene, wobei in den folgenden Sätzen die verschiedenen Formen des Trosts vorgetragen werden sollten. Hier zeigte sich auch einer der Vorzüge des Werks. Brahms meidet das klanglich Dichte und lässt bei längeren Melodien Themen und Motive von einer Stimme zur anderen übergehen, was Verständlichkeit förderte. Dass dies auch gelang, setzt Sicherheit der Chorstimmen voraus, die man dem Chor hier auch zuerkennen wird. Dieses deutliche und kräftige Singen der einzelnen Melodiebögen trug sicher zum Verstehen der Gesangstexte bei. Angesichts der dennoch durch Orchester- und Doppelchorklang sowie akustische Gegebenheiten auftretenden gewaltigen Klangmassen etwa bei Chor- und Fugengesang konnte man wohl mit Hilfe des Textheftes (mit gewohnt instruktiver Einleitung von Prof. Meinrad Walter, Freiburg) als willkommenem und sicherem Führer zum Verstehen der Gesangstexte durch Mitlesen verfolgen. Auch die Gestaltungsfähigkeit von Chor, Instrumentalisten und Dirigenten zeigte sich bereits im ersten Satz. Im Des-Dur-Mittelteil ("Die mit Tränen säen..." Ps. 126, 5-6) erwirkte der Chor mit Brahms´ barocken Ausdrucksmitteln wie Halbtonfolgen, Seufzermotiven und Tonsprüngen über ungewöhnliche Intervalle eine Leidensstimmung, die sich dann bei den Worten "...werden mit Freuden ernten" auch aufhellen konnte und sich wiederholte.

Der zweite Teil ist vom starren Dreivierteltakt eines dahinschreitenden Trauermarschs oder Totentanzes geprägt, der sich mit einem düsteren Choral verbindet und die unabwendbare Endlichkeit allen Seins mit dem Bibelzitat "Denn alles Fleisch, es ist wie Gras und alle Herrlichkeit des Menschen wie des Grases Blumen" (1. Petrus I,24-25) aufzeigt, was nur durch Hoffnung auf Erlösung gemildert werde. Die pochende, durch Paukenschläge triolisch wirkende Dreitaktigkeit könnte das unerbittliche Anklopfen des Todes malen, gleichsam wie in einer Illustration zum Horaz-Vers "Pallida mors aequo pulsat pede - Klopft doch der Tod, der bleiche, an mit gleichem Fuß" (Ode I,4,13). Konstituierendes Element des Satzes sind die stetigen Paukenschläge mit ihrer faszinierenden Ostinato-Wirkung der hartnäckigen Wiederholung. Alle Nuancen des Paukenschlags hatte der für den Requiemklang so wichtige Schlagzeuger erzeugt: das ungerührte Anpochen des Todes, das sich zweimal zu zerschmetterndem Fortissimo erhob, und der Paukenschlag der ganz anders gestimmten Partien, wo die Pauke nach dem wuchtigen Choreinsatz eher die Festigkeit des Glaubens ohrenfällig machen sollte. Der Satz, der interpretatorisch viele Aufgaben stellt, überzeugte auch durch eine klar hörbar herausgearbeitete Strukturierung von fahlem, crescendierendem Trauermarsch und bewegtem, tröstlichem, von ihm gerahmten Mittelteil (mit Flöten- und Harfensolo), ferner durch den kräftigen, wuchtigen Abschluss "Aber des Herrn Wort bleibet in Ewigkeit" und den anschließenden Chor "Die Erlöseten des Herrn" (Jesaja 35,10), welcher, in strahlendem B-Dur gesungen, die Trauerstimmung regelrecht vertrieb.

Hatten die beiden ersten Teile den Charakter von allgemein die Menschen betreffenden Gemütslagen, so geht es mit dem dritten Teil über zum einzelnen Menschen und zur persönlichen Todesangst. Dies angemessen auszudrücken, war Aufgabe des jetzt zu hörenden Solos des Baritons Torsten Meyer mit unterstützendem Chor. Mit stimmlicher Kraft, wie sie zur musikalischen Darstellung des noch nicht Resignierenden gehört, sang er ausdrucksvoll vom Menschen, der sich mit seiner Endlichkeit nicht abfinden will, sich aber zur Einsicht in die Notwendigkeit bequemen muss, ein Gedanke, der im musikalischen Kontext immer wieder hervorzuheben war: "Herr, lehre mich doch, dass es ein Ende mit mir haben muss, und mein Leben ein Ziel hat ... " (Psalm 38/39,5-8). Trotz des Vollorchestereinsatzes wurde die Gesangsstimme nicht überlagert. Der Chor, der hier - wie in der griechischen Tragödie - den Vorsprecher sekundierte, hatte Gelegenheit zu ausdrucksvollem Vortreten, als ihm das ängstlich vibrierende Wiederholen der gestellten Frage "Nun Herr, wes soll ich mich trösten" gelang. Die auf die Antwort "Ich hoffe auf Dich" folgende Fuge über einem 36 Takte hinweg grundierenden D-Ton der Bässe (Orgelpunkt) und dem unermüdlichen Paukenrhythmus wurde so als "große Fuge der Glaubenszuversicht": "Der Gerechten Seelen sind in Gottes Hand" (Salomo 3,1) gestaltet. Nebenbei sei erwähnt, dass dieser Teil mit gefürchteter Fuge bei einer Wiener Voraufführung der drei ersten Requiemsätze 1867 auf heftige Ablehnung stieß. Man sprach von "erschreckender akustischer Wirkung", hervorgerufen offenbar durch die "Brutalität des furiosen Paukenspielers". Andere hatten dabei die Empfindung der "Eisenbahnfahrt durch ein sehr langes Tunnel".

Der vierte Satz - in der Werkmitte - hat nach den Vergänglichkeitsgedanken der ersten Sätze die Funktion pastoral-idyllischer Entspannung, zumal nach der vorausgegangenen großen Fuge. Der Chor bot einfühlsam reinen Wohlklang mit Bläsern und schwelgenden Violinen, um gleichnishaft durch Wohlklang den Lobpreis des seligen Lebens vor den Zuhörern erstehen zu lassen: "Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth" (Psalm 84,2).

Der noch 1868 nachkomponierte fünfte Satz, oft “Muttertrost” genannt, mit Chor und Sopransolo “Ihr habt nun Traurigkeit, aber ich will euch wieder sehen" (Joh.16,22) mit seiner innigen Gestaltung und so betonten Schlusswendung “Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet” (Jesaja 66,13) hat vermuten lassen, dass der damals 35-jährige Brahms in Erinnerung an den Tod seiner Mutter Christiana (gest. 1865) ihn geschrieben hat. Das dann siebensätzige Requiem wurde 1869 in Leipzig aufgeführt. Für die Sopranistin, die Brahms nur hier im Requiem auftreten lässt, hier Ulrike Kristina Haerter, war dieser höchst kunstvolle Kanonsatz zwischen Sopranstimme und Chor wohl ein besonderes Anliegen. Eine feste, klare Stimme wusste Tröstliches selbstsicher zu verkünden. Der Sängerin Sicherheit, Klangfülle und Stimmverständlichkeit gestaltete eindrucksvoll ihren melodischen Part und erfüllte ihren Anspruch.

Brahms´ Requiem ist bekanntlich keine lateinische Totenmesse (missa pro defunctis). wie z. B. die entsprechenden Werke von Mozart und Verdi aus der katholischen Liturgie es sind, sondern eine eher auf protestantischer Tradition fußende, deutsch(sprachig)e Totenmusik. Es sollte auch primär keine Messfeier für einen Toten sein, sondern ohne jeglichen konfessionellen oder patriotischen Einschlag eine Trauer- und Trostmusik für alle, "die da Leid tragen" (M. Mäckelmann , Beiheft S.5 CD Wiener Philharmoniker Dt. Grammophon 1988). Brahms wollte später sogar das Adjektiv "deutsch" beim Werktitel eliminieren, das eigentlich nur verwendet war wegen des gewählten Lutherbibel-Deutschs anstatt des ansonsten üblichen verwendeten Kirchenlateins.

Nahe kommt das “Requiem” der traditionellen Totenmesse aber doch in dem riesigen sechsten Satz mit Chor, Bariton und wiederum intensivem Paukeneinsatz im Orchester, dem wohl dramatischen Höhepunkt des Werkes. Seine Textgrundlage ist: "Denn wir haben hier keine bleibende Statt, sondern die zukünftige suchen wir" (Hebräer I, 13,14). Die Thematik vom "Tag des Zorns - dies irae" des göttlichen Gerichts ist und war aber auch hier musikalisch zu erkennen, wenn bei der Erwähnung der Posaune des Jüngsten Gerichts ein klanglicher Sturm losbrach mit gewaltigen Akkorden hin zu den paulinischen Worte vom über den Tod errungenen Sieg. Es fehlten aber alle Schreckensvisionen des Jüngsten Gerichts wie bei Mozart und Verdi. "Die Absenz solch fulminanter Klangtheatralik", die bei einem "Dies-irae-Schreckenstableau" (FAZ, 25.09.01, Nr.223, S. 60 / G.R. Koch) zu schildern sich anbietet, hat wohl die Zuhörer schon immer für dieses Requiem eingenommen. Vorrang hatte nämlich der "angstfreie" Satz vom "Tod, der verschlungen ist in den Sieg" (1. Korinther 15: 51-55). Brahms, skeptisch gegenüber christlicher Offenbarungs- religion und Vertreter einer allgemeinen Vernunftreligion, hatte so den Vers 57 weggelassen, der besagt, dass der Sieg über den Tod durch Jesus Christus erwirkt sei, der im Werk in freireligiöser Art auch nie genannt wird, was des Werks kirchliche Aufführung schon gelegentlich in Frage gestellt hatte. Bei der Bremer Uraufführung 1868 musste ein entsprechend “christlicher” Text eingefügt werden. es war die Arie aus dem Händel-Messias " I know that my Redeemer liveth - Ich weiß dass mein Erlöser lebt". Die Interpretation des Satzes hatte die Ungleichgewichtigkeit von der Vorstellung eines "dies irae - Tag des Zornes" und tröstlicher Todesüberwindung deutlich zu machen. "Die Komposition soll spenden eher Hoffnung, als dass sie in lebensabgewandte Düsternis stürzt. Sie zielt stärker auf Transzendenz denn auf Betonung der Sterblichkeit" (FAZ, 5.7.11, Nr.153 , S.36 / W. Hüster). Zu erwähnen sei noch, dass die stimmliche Kraft von Torsten Meyer hier glanzvolle Momente feierte. Mit kraftvoller Stimme, die jederzeit verständlich blieb und sich über die rastlos wandernde Instrumentalbegleitung erhob, wurden die Textworte an dieser hochdramatischen Stelle vorgetragen, die besagt, dass die Posaune des Jüngsten Gerichts nicht zum Gericht aufruft, sondern zur Auferstehung und dass der Tod verschlungen ist in den Sieg. Zum Satzschluss führte eine große Doppelfuge zu 142 Takten. Mit diesem "Dankgesang", durch den Brahms auch den hochverehrten Bach ehren und auch dem Satz "Fuga coronat opus" huldigen wollte, bewältigten die Ausführenden die wohl größte Anforderung des Werkes.

Wenn schon jeder Satz die Wandlung von Todesschrecken in Beruhigenderes irgendwie enthält, so war dann der ganze siebente Satz der danksagende Schluss des Ganzen - mit einer zweiten Seligpreisung "Selig sind die Toten die in dem Herrn sterben, von nun an" (Offenbarung Johannes 14,13), die sich auf den ersten Satz mit dem Trostversprechen aus der Bergpredigt: "Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden..." (Matth. 5,4) für die Hinterbliebenen bezog.
Somit war auch eine Art textlicher Symmetrie im Werk geschaffen. Vom Chor ging angemessen Feierliches, Beruhigendes aus, das den Kreis von Angst zur Tröstung schließen und den Sinn des Brahmsschen Requiems sinnfällig machen konnte: "REQUIEM (aeternam dona eis Domine) - RUHE (ewige, gib ihnen [den Verstorbenen], o Herr)". Brahms zitiert hier auch eine Bibelstelle, die vom Sterben nach erfülltem Leben handelt (Offenbarung Joh. 14,13). Wer denkt hier nicht an Max Webers Worte vom "lebenssatt, nicht lebensmüde sterben".

Zwar waren die Zuhörer nicht gebeten, auf konzertmäßigen Beifall zu verzichten, aber die sekundenlange Stille nach dem Verklingen der letzten Takte war die ergreifende Auswirkung dieses Schluss-Satzes. Nach der Bremer Aufführung schrieb Brahms an die dortige Singakademie (Kl. Blum: 100 Jahre Ein deutsches Requiem von J. Brahms, Tutzing 1971, S. 65): "Aber zu danken habe ich sehr viel, vor allem Ihrem Kapellmeister, der mit so außerordentlichem Vermögen wie Eifer die Aufführung förderte, auch so viele Mühen nicht scheute. Insbesondere wäre ich Ihnen verpflichtet, wenn Sie in irgend einer Ihnen geeignet erscheinenden Weise den Mitgliedern der Academie mein lebhaftes Dankgefühl aussprächen für den Eifer und die Liebe, mit der sie das Requiem gesungen”. Diese Brahms-Worte seien “mutatis mutandis” auch den Aufführenden in Eberbach unter ihrem Dirigenten Manuel Mader zuerkannt, was sich auch mit lang anhaltendem Beifall und Blumenpräsenten an Solisten und den Dirigenten äußerte.

27.11.23

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