28.03.2024

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Umweltfreundliches Verkehrssystem mit Investitionsbedarf - Rasche Bahnhofsanierung ist in Sicht


Berthold Huber (l.) mit Lions-Präsident Tobias Soldner. (Fotos: Hubert Richter)

(hr) Auf Einladung des Lions-Clubs referierte vorgestern der Vorstand Personenverkehr der Deutschen Bahn AG, Berthold Huber, im evangelischen Gemeindehaus am Leopoldsplatz. Sein Vortrag stand unter dem mehrdeutigen Titel “Die Deutsche Bahn bewegt“.

Seit 2015 ist Huber als Bahn-Vorstand für den Regional- und Fernverkehr der DB verantwortlich. Wie es überhaupt gelingen konnte, einen DB-Vorstand nach Eberbach zu bekommen, erklärte Lions-Präsident Tobias Soldner gleich in seiner Begrüßung der rund 100 Gäste: Berthold Huber ist ein naher Verwandter der Eberbacher Stadträtin Susanne Heimpel, mit der Soldner verheiratet ist. Mit der augenzwinkernden Bemerkung, Huber sei für den Vortrag selbstverständlich mit der Bahn aus Berlin angereist und zwar “auf die Minute pünktlich”, riss Soldner gleich ein Hauptthema bei Diskussionen um das Reisen mit der Bahn an - die (Un)Pünktlichkeit der Züge.
Berthold Huber nahm den Ball an und erläuterte in rund 90 spannenden Minuten zunächst die geschichtliche Entwicklung der Bahn mit ihrer besonderen Verankerung in der Gesellschaft als das Verkehrsmittel, das erstmals “Mobilität für alle” brachte, lange bevor das Automobil kam. Schließlich legte er aber auch dar, wie man an der Verbesserung des Systems, in dem täglich 30.000 Züge auf 33.000 Schienenkilometern unterwegs seien, sowohl für eine höhere Beförderungskapazität als auch für mehr Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit arbeite. Angesichts der Tatsache, dass jeder Autofahrer durchschnittlich 120 Stunden pro Jahr im Stau verbringe, sei es erstaunlich, wie emotional über die Pünktlichkeit der Bahn diskutiert werde, so Huber. Die rasante Zunahme des Autoverkehrs habe der Bahn ab 1950 riesige Anteile der Personenbeförderung weggenommen. Die Verluste der staatlichen Bahnen sowohl in der BRD als auch in der DDR seien immer größer geworden, und man habe an der Infrastruktur (Schienen, Brücke, Bahnhöfe...) gespart. Heute, da der Autoverkehr an seine Grenzen stoße (in Berlin sei beispielsweise jeder Pkw im Durchschnitt nur noch mit 8 km/h unterwegs), bekomme die Bahn wieder starken Zulauf, was infolge der vernachlässigten Infrastruktur Reibungsverluste - also Verspätungen und Zugausfälle - mit sich bringe. Also müsse kräftig in die Erneuerung und Ausweitung des Schienennetzes, der Bahnhöfe und auch der Züge investiert werden, was aufgrund langwieriger Genehmigungs- und Bauphasen (siehe “Stuttgart 21”) aber nicht von heute auf morgen gehe. Durch moderne Technik (Digitalisierung) versuche man, den Zugverkehr zu verdichten. Außerdem arbeite man an einem Halbstundentakt für schnelle Verbindungen zwischen den Metropolen und parallel dazu an einer Verbesserung des Nahverkehrs.
Im Hinblick auf den Klimawandel betonte Huber, dass die Bahn das bei weitem umweltfreundlichste Verkehrssystem sei: Während das Flugzeug pro Personenkilometer 200 g Treibhausgase ausstoße, das Auto 140 g und der Fernbus immerhin noch 30 g, sei es bei der Bahn gerade mal 1 Gramm CO2 pro Kilometer und Person. Im Elektroauto sieht Huber übrigens auch nicht die Lösung: Schließlich sei es ja egal, ob man auf überlasteten Straßen im E-Auto oder im Benziner im Stau stehe.

In der anschließenden Fragerunde sprach Bürgermeister Peter Reichert den Bahnvorstand vor allem auf den schlechten Zustand des Bahnhofs an und fragte, wann Eberbach mit dem Beginn der umfänglichen Sanierung des Gebäudes rechnen könne. Huber bestätigte, dass die Sanierung des Eberbacher Bahnhofs, der im Durchschnitt täglich von 4.250 Menschen genutzt werde, schon 2021 beginnen könnte, versprach eine enge Abstimmung der Bahn-Verantwortlichen mit der Stadt und erntete dafür spontanen Applaus. Der Bahn-Vorstand, der die Nacht in Eberbach verbrachte, traf sich am folgenden Freitagmorgen noch einmal zu einem Gespräch mit Bürgermeister Peter Reichert, bei dem es erneut um die Bahnhofsanierung ging. Er sei bei Berthold Huber mit den Eberbacher Bahn-Themen auf offene Ohren und große Kompetenz gestoßen, teilte Peter Reichert auf unsere Anfrage gestern mit.

08.02.20

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