19.04.2024

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Erster Entwurf mit hoch gesteckten Zielen in einem kurzen Zeitraum


Eine der Zielvorgaben: Photovoltaik auf 90 Prozent der geeigneten Dächer in Eberbach in den nächsten 13 Jahren. (Foto: Hubert Richter)

(hr) Am 18. März 2021 beschloss der Gemeinderat mit knapper Mehrheit, dass Eberbach bis zum Jahr 2035 klimaneutral werden müsse. Als wesentliche Handlungsgrundlage dafür gilt ein “Meilensteinplan”, der zur Zeit erarbeitet wird und dessen erster Entwurf vorgestern im Gemeinderat öffentlich vorgestellt wurde.

In der Stadthalle online zugeschaltet war dafür Dr. Jan Mücke von der Energielenker GmbH in Fellbach, die für den Meilensteinplan beauftragt wurde. Laut Definition der Bundesregierung ist Klimaneutralität “ein Gleichgewicht zwischen Treibhausgasemissionen und deren Abbau”. Um das zu erreichen, sieht Mücke verschiedene Handlungsfelder: Gebäudesanierungen und energetische Vorgaben für Neubauten, Mobilität (Verkehr), Energieträger-Mix für Wärme und Strom-Mix. Dass Eberbach bis 2035 vor Ort völlige Klimaneutralität erreichen könne, hielt Mücke für unmöglich. Es werde auf jeden Fall ein Restüberschuss an Treibhausgas- (THG)-Emissionen bleiben, der durch andere Maßnahmen kompensiert werden müsse, beispielsweise CO2-Handel oder CO2-Speicherung im Wald. Letzteres ist in Eberbach durch seinen hohen Waldanteil bereits ein Faktor, allerdings wird die CO2-Speicherung im Wald nicht der jeweiligen Kommune angerechnet, sondern der BRD insgesamt. Das stieß besonders bei Bürgermeister Peter Reichert auf Unmut, denn immerhin habe Eberbach den fünftgrößten Kommunalwald in Baden-Württemberg und habe für die Klimaneutralität keinen Nutzen daraus.

Mücke glaubt, dass Eberbach bis 2035 die THG-Emissionen um etwa 90 Prozent reduzieren könne. Die dafür erforderlichen Maßnahmen muten allerdings sehr ambitioniert an: Es müssten nämlich 90 Prozent der geeigneten Gebäudedächer in Eberbach mit Solarstromanlagen (Photovoltaik) ausgerüstet werden (auch Gebäude in Privatbesitz). Falls die Windenergienutzung auf dem Hebert nicht kommt (hierüber sollen die Wahlberechtigten im Bürgerentscheid am 3. April 2022 abstimmen), müsste zusätzlich auf 40 Prozent der geeigneten Freiflächen (z.B. Wiesen, Ackerflächen) auf Eberbacher Gebiet Photovoltaik installiert werden. Das Szenario geht außerdem von einer energetischen Sanierung aller Gebäude in Eberbach bis 2035 und bei der Wärmeerzeugung von einem völligen Verzicht auf Kohle, Heizöl und Erdgas aus (ebenfalls in allen privaten Gebäuden), und das innerhalb der nächsten 13 Jahre.
Bei der Mobilität sollte der individuelle Autoverkehr um 24 Prozent abnehmen zu Gunsten u.a. des ÖPNV sowie des Rad- und Fußverkehrs. Parallel dazu müsste der Anteil alternativer Antriebe (z.B. E-Autos) auf 86 Prozent gesteigert werden.

Auf eine Frage aus dem Gremium, ob Eberbach nicht doch völlige Klimaneutralität aus eigener Kraft statt nur 90 Prozent erreichen könnte, erwiderte Mücke, dass die Ziele bereits sehr hoch gesteckt seien und ansonsten nur “noch unrealistischer” würden.

Wie der Eberbacher Meilensteinplan zur Klimaneutralität letztendlich aussehen wird, wird der Gemeinderat voraussichtlich in den nächsten Sitzungen im Jahr 2022 besprechen. Dann werden ziemlich genau zehn Jahre seit der Vorstellung des ersten Klimaschutzkonzepts für Eberbach vergangen sein (wir berichteten). Das damalige Konzept enthielt sehr ähnliche Maßnahmen wie der Entwurf des jetzigen Meilensteinplans. Für ihre Umsetzung hat Eberbach nun aber nicht mehr viel Zeit, wenn die Klimaneutralität bis 2035 tatsächlich auch nur annähernd erreicht werden soll.

18.12.21

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