16.04.2024

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Zwei Jazz-Akteure in Hochform


(Foto: privat)

(cr) (as) Der drittletzte Ausklang-Abend des Sommers 2022 am 24. August hatte es in sich. Die beiden Jazzmusiker Johannes Krahl und Juliana Seib sind bereits gern gesehene Gäste in der Hirschhorner Klosterkirche.

Gleich beim ersten Standard war zu spüren: Hier haben sich zwei hochkarätige Instrumentalkünstler gefunden. In den Soloparts zeigte jeder, was er oder sie aus dem Thema machen kann. In der Jazzballade „Hope“, geschrieben von Juliana Seib, beeindruckte sie vor allem durch ihr technisch wie musikalisch ausgereiftes Klaviersolo, das wie ein nicht zu bändigender Wasserfall zwischen den ruhigen Waldlandschaften hervorsprudelt, die Johannes Krahl mit dem Tenorsaxophon gekonnt um diesen herumzeichnete. Das Stück endete, nachdem sich die beiden Instrumente auf rhythmisch faszinierende Melodiepatterns geeinigt hatten, die sie gegeneinander behaupteten wie das Erwachen aller technischen Betriebsamkeit des Alltags. Unter all diesen Ostinati änderte die linke Hand der Pianistin gekonnt die Harmonien. Zugleich wurde die Musik stets leiser, denn während der Tag erwacht, zieht sich die Lotusblume bekanntlich zusammen. Präzise koordinierte Johannes Krahl im Decrescendo Anblas- und Fingertechnik und führte dabei die Fadeout-Melodien in das Nichts.

Mit einem romantischen Liebeslied, das Johannes Krahl im vergangenen November geschrieben hat, ging es weiter. Juliana Seib zog bereits mit ihrer Art, das Vorspiel musikalisch auszuschmücken, das Publikum in ihren Bann. Das Lied besteht aus einer gemeinsamen Richtung, aus Raffinesse und Verstand, geschicktem und kreativem Umgang mit Unvorhergesehenem, und vor allem aus harmonischem Zusammenspiel, bei dem sich Dissonanzen auch wieder auflösten.

In die nächste Jazzkomposition Juliana Seibs fanden sich Einflüsse armenischer und israelischer Folklore sowie ihre Besinnung auf ihre eigenen Wurzeln in Kasachstan. Zu seinen nächsten Stücken ließ sich Johannes Krahl von Filmen wie „Herr der Ringe“ und dem aktuell neu verfilmten „Dune“ inspirieren und zeigte ganz unerwartet, wie gut er auch die Klarinette beherrscht. Das folgende, von Juliana Seib vertonte Gedicht „Perception“ (Wahrnehmung) rezitierte sie im Intro selbst – zu faszinierenden Jazzakkorden.

Mit dem Jazz-Standard „Peace“ erklang das zweite Stück, das nicht aus der Feder eines der beiden Akteure stammt. Es wurde klar, dass diese Standards das Programm vieler Eigenkompositionen nur einrahmen sollten. Als Zugabe schließlich spielten sie das Stück „More“ – eine Jazzkomposition über einen Orgelpunkt, einen einzigen Ton, mit dem der Synthesizer als drittes Instrument durch das gesamte Stück eine gewisse Nachtstimmung schafft – zu Julianas Klavier- und Johannes Klarinettenspiel, wiederum improvisatorisch angereichert.

Der außergewöhnliche Jazzabend endete mit einem Abendsegen zum Thema „Licht“, den der stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins Klosterkirche, Paul Keller, verlas.

20.09.22

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