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Nachrichten > Kultur und Bildung

Tegernseer Volkstheater gastierte in der Stadthalle


Gerichtsdiener Vitus Pfingstl holt seine geliebte Maß aus der Obhut der Zuschauer. In "Der Querschläger" versuchen falsche Zeugen die Beklagte zu exkulpieren. Gerichtsdiener Vitus Pfingstl hat sich für die Gerechtigkeit geopfert. (Fotos: Böhm)

(ub) (mjb) Das "Königlich Bayerische Amtsgericht" verlegte am vergangenen Samstag seinen Amtssitz nach Eberbach. Der große Saal der Stadthalle wurde zum Gerichtssaal und die Zuschauer zum Gerichtspublikum – mit allen Pflichten. Dass die gespielten Gerichtsszenen aus dem Leben des Bayerischen Volkes in monarchistischer Zeit nicht zum absoluten Publikumsmagneten wurden, lag vielleicht auch an den beiden parallen Kabarett-Abenden in unmittelbarer Nähe.

Eine der drei am Samstagabend gleichzeitig in engster Nachbarschaft stattgefundenen Aufführungen des gesprochenen Wortes war das "Königlich Bayerische Amtsgericht" im großen Saal der Stadthalle. Während in der angrenzenden Galerie ArtGerecht das Kabarett "Dusche" aus Mannheim gastierte und im großen VHS-Saal in der parallelen Bussemerstraße die Eberbacher Kabaretttruppe "Di Frischling" debütierte, lud hier das Tegernseer Volkstheater ein, dem Publikum in drei heiteren Einaktern "die bayerische Lebensart ein wenig näher zu bringen", wie das Programmheft verspricht. Doch während die beiden Kabarettveranstaltungen bestens besucht waren, ließen die rund 160 Besucher den großen Stadthallensaal recht leer aussehen.
Denselben Eindruck vermittelte das recht karge Bühnenbild. Wer sich ob des Titels oder des auf die Eintrittskarte gedruckten " ... nach der gleichnamigen erfolgreichen Fernsehserie" eine dem entsprechende Kulisse vorgestellt hatte, sah sich eher einem finsteren Tribunal gegenüber. Wo man von Volkstheatern und Laienspielgruppen normalerweise ein eher ländliches Interieur inklusive rustikalem Holz kennt, dominierte hier ein auf einem mit weißblauen Rauten bemalten Podest stehender kleiner Richtertisch mit einem altväterlichen Ohrensessel vor einem völlig schwarzen Hintergrund, der lediglich durch das obligatorische, allerdings nur briefmarkengroß wirkende Bildnis des jeweiligen Potentaten und das ebenso obligatorische Kruzifix geschmückt wurde. Der Rest der Möbel -zwei abgewetzte Bänke für Kläger und Beklagte, ein ebensolcher Advokatentisch und ein ziemlich schäbiges Stehpult für den Gerichtsdiener - war ebenso wenig angetan, die Würde eines Gerichts in monarchistischer Zeit zu verkörpern.
Das siebenköpfige Ensemble verstand es dann, das Publikum im Saal zum Schmunzeln und Lachen zu bringen. Gleich zu Beginn wurde es vom Gerichtsdiener Vitus Pfingstl mit den Regeln des Königlich Bayerischen Amtsgerichts bekannt gemacht. Während er sich mittels einer zünftigen Maß Bier auf die schwierigen Verhandlungen vorbereitete, machte er das Publikum zu dem, was es ja schon war, nämlich zum Publikum – zum Gerichtspublikum. Und dem obliegen – wie der geübte Gerichtsshowgucker bereits weiß – Pflichten. Die wichtigste ist neben der Ruhe während der Verhandlung das Aufstehen beim Erscheinen des Gerichts und bei der Urteilsverkündung. Nach mehrmaligem Üben war Pfingstl zufrieden und hielt das Publikum des Erscheinens des Oberamtsrichters für würdig.
Der "Herr Rat", seinem Fernsehvorbild und der landläufigen Vorstellung eines in Ehren ergrauten Juristen in Dienstes König Ludwigs eher unähnlich, weil ziemlich jung und ohne Bart, rief als ersten Fall den Vorwurf der Beleidigung auf. Die "Dachserin" als Titelfigur des gleichnamigen Stücks von Ludwig Thoma sollte ihre Nachbarin Anna Maria Rankl "auf’d Kirchweih eingeladen haben", wie das bekannte Götzzitat im bayerischen Volksmund umschrieben wird. Nachdem sich durch geschickte Verhandlungsführung des Richters herausgestellt hatte, dass die Klägerin sich dieser Einladung selbst anderen gegenüber bedient und nichts dabei findet, wird ihre Klage abgewiesen. Dass der Streit der beiden Nachbarinnen damit in keinster Weise beendet ist, versteht sich von selbst.
In "Der Querschläger" von Andreas Ernst verklagt der Großknecht Florian "Flori" Huber seine Bäuerin, die Dachserin, wegen Körperverletzung, weil sie ihn angeschossen habe. Wie bald deutlich wird, widersprechen sich die Darstellungen der Täterin und der Zeugen Edmund Trauner und der Frau des Baders Rankl. Was sich durch geschicktes Hinterfragen und notfalls Drohen mit den Konsequenzen einer Falschaussage durch den "Herrn Rat" langsam herauskristallisiert, ist eine völlig andere Geschichte. Statt des von der Dachserin eingeräumten, unglücklichen Querschlägers aus einer zu reinigenden Büchse wurde der Flori mittels einer gezielten Schrotladung auf dem Leiterweg zur Bauerstochter gestoppt. Dass Angebote wie den des Wirtes Trauner von regelmäßigen Freigetränken an den Flori und ein besonders großes Paket für den Richter beim nächsten Schlachtfest bei diesem nicht auf Gegenliebe stoßen, versteht sich von selbst. Da kann er sich dann schon eher mit dem Vergleichsvorschlag des sonst meist recht unglücklich agierenden, mehrfach Sprechverbot erhaltenden und in der mundartlichen Umgebung hochdeutsch parlierenden Rechtsbeistands des Huber, Rechtsanwalt Prachtbau aus der Residenzstadt München, anfreunden. Nach dem ergangenen Urteil ist die Dachser-Tochter möglichst bald mit dem Florian Huber zu vermählen, während die Kosten der Hochzeit vom falsch aussagenden Wirt Trauner zu tragen sind.
Nach der Pause ging es im dritten Einakter von Andreas Kern um "Majestätsbeleidigung". Spielten die ersten beiden Stücke zur Zeit König Ludwig II., wurde der Zuschauer nun in die Regierungszeit des gütig aus seinem Goldrahmen blickenden Prinzregenten Luitpold versetzt. Angeklagt war Gottfried von Ziepenwald, in Bayern stationierten Hauptmann der Königlich Preußischen Armee. Bei einem Wirtshausbesuch soll er den verstorbenen Monarchen mit dem Ausspruch "der blöde König" beleidigt haben. Was der wortgewandte "Saupreiß" sofort als Komplott und Revanche für die Niederlage Bayerns im Krieg von 1866 bezichtigt, stellt sich dann auch als abgekartetes Spiel zwischen dem Kläger Pfaffinger, dem wiederum als fragwürdigen Zeugen auftretenden Wirt Trauner und dem zunächst unbeteiligt wirkenden Gerichtsdiener Pfingstl heraus. Während der Richter mit Ordnungsgeldern von je fünf Mark pro Kraftausdruck seine Gerichtskasse aufbessert, ändert der Hauptmann plötzlich seine Strategie. Hatte er sich bisher erfolglos verteidigt, preschte er nun mit einer wortgewaltigen Laudatio auf das verblichene Staatsoberhaupt vor und verblüffte damit seine Kontrahenten ebenso wie den Vorsitzenden. Ob solcher Reminiszenz an den geliebten Monarchen liefen den Bajuwaren die Augen über und die Sacktücher mussten ausgiebig ihre Dienste leisten. In dieser Stimmung und unter den Folgen einer zünftigen Schlägerei vor den Türen des Gerichts leidend, an der sich auch Pfingstl pflichtschuldig beteiligte, gaben Kläger und Zeuge dann zu, die ganze Geschichte eingefädelt zu haben, um dem verhassten Militaristen eins auszuwischen. Das "Urteil im Namen seiner Königlichen Hoheit, des Herrn Prinzregenten" – das Publikum stand wie eine Eins – lautete demgemäß auch: "Die Anklage wird fallen gelassen und die Kosten trägt der Kläger Pfaffinger". Man wäre jedoch nicht im Königlichen Bayern, würde dem falschen Zeugen, dem Wirt Trauner, nicht als Strafe auferlegt, eine Woche lang Freibier auszuschenken. Alle sind zufrieden, auch Kläger und Zeuge – denn der Hauptmann sei ja doch genug bestraft, trösten sie sich: "Denn er iss und bleibt a Preiß!"
Quasi als Zugabe kam dann noch ein vierter Fall zur Verhandlung. Ganz schnell müsse es gehen, verlangte der "Herr Rat", da sonst seine Weißwürste platzen würden. Und so löst sich die Frage, ob der in Frauenkleidern auftretende Xaver ein Transvestit sei und damit das Gericht beleidigen wolle mit dessen Entschuldigung, auf seiner Vorladung habe doch gestanden, er solle vor Gericht "in Sachen seiner verstorbenen Schwester" erscheinen.
Für ihre schauspielerischen Leistungen erhielten die Darsteller ihren verdienten Applaus.

05.05.06

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