Zum Glück haben sich die jungen Männer nur leicht verletzt. Ich war zur besagten Zeit ebenfalls von Schöllenbach zum Reußenkreuz unterwegs, allerdings mit dem Rennrad. Meines Wissens sind am Wochenende die Straßen um das Reußenkreuz gesperrt, so konzentriert sich der Motorradtourismus vor allem (aber nicht nur) auf den Freitag nachmittag, was ich bei meiner kleinen Tour dummerweise wieder einmal nicht bedachte. Es treffen sich oben am Waldgasthof viele Biker, welche hierfür, den Kennzeichen nach, Anfahrten von bis zu 100 km auf sich nehmen. Ich kann sehr gut verstehen, dass der kurvenreiche Anstieg eine Attraktion für Motorradfahrer ist und er somit recht häufig in Motorradtouren "eingebaut" wird. Allerdings erachte ich es doch als ein ausgeprägt hedonistisches Vergnügen, diese Strecke, so wie es meinen Beobachtungen nach üblich ist, zig Male hintereinander hoch-, bzw. wieder hinunter zu rasen. Wenn man bedenkt, dass oben am Reußenkreuz zwischen den einzelnen "Durchgängen" zumeist zwischen 20 bis 30 Motorradfahrer zum Plausch versammelt sind (es herrscht ja ein Kommen und Gehen), kann man schon absehen, dass so bei schönem Wetter am Freitag nachmittag über Stunden extrem reger und lautstarker Verkehr in beiden Richtungen herrscht, denn unten an den letzten Häusern außerhalb von Ober-Schöllenbach wenden die Fahrer ihre Motorräder und fahren umgehend wieder rasant nach oben zum Reußenkreuz.
Bei der Auffahrt zum Reußenkreuz fühlte ich mich an diesem Nachmittag zunehmend unwohl, denn ständig überholten Motorräder und ebenso beständig kamen welche entgegen, was ja eigentlich kein Problem darstellen sollte. Da der Reiz der Strecke logischer Weise (für die meisten der Jungs) eben auch ist, die Kurven in höchstmöglicher Geschwindigkeit zu bewältigen,beschleicht unbeteiligte Verkehrsteilnehmer, wie ich es da eben war, aber eben doch ein bedrohliches Gefühl.Es ist meines Ermessens auch so, dass sich durch das Aufeinandertreffen so vieler Motorradfans ein gewisse Dynamik entwickelt, welche hier und da eben auch zu regelrechtem Wetteifern führt. Es werden so nach meinem Empfinden mehr Risiken (für sich und eben auch andere) eingegangen als gewöhnlich. Fairerweise muss ich an dieser Stelle erwähnen, dass das Groß der Biker das Gas etwas drosselt, wenn sie Radlern wie mir gewahr werden und auch mit zumeist akzeptablem Abstand an einem vorbeiziehen, sofern es die Situation eben zulässt (Kurven!). Von dem verkehrsrechtlich außerorts geforderten Abstand von 2 Meter kann man allerdings nur träumen. Aber auch am Freitag gab es eben jenen Biker, welcher nach dem Wendepunkt unten auf der Geraden mit Vollgas und 20 cm Abstand an mir vorbei donnerte. Was, wenn ich einen Schlenker machen würde in dem Momemt, was ja durchaus auch mal geschieht? Als ich später den Unfallpunkt oben kurz vor dem Reußenkreuz passierte, kümmerten sich schon andere Motorradfahrer um die jungen Männer. Glücklicherweise ging der Unfall nicht mit lebensgefährlichen Verletzungen einher. Aus meiner Sicht war es, so wie sich die Situation an diesem Nachmittag an der L3108 gestaltete, ein Unfall mit Ansage. Ich persönlich jedenfalls befürchtete einen Solchen schon zuvor, als ich der Situation am Berg gewahr wurde; und ich bin heilfroh, nicht verwickelt gewesen zu sein. Was mich persönlich ungemein ärgerte an dem Nachmittag, ist, dass auch erfahrene Herren im gesetzteren Alter zuhauf dieses Spiel am Reußenkreuz betreiben und so ihre jungen Bikerkollegen regelrecht zu hoher Risikobereitschaft und Leichtsinn antreiben. Rücksicht auf das Tierleben in diesen Wäldern, Rücksicht auf die brütenden Vögel in den Bäumen und Hecken entlang dieser Straße? Gibt es an dieser Stelle nicht. Jedenfalls nicht freitags am Nachmittag bei schönem Wetter.
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