Von den Beschwernissen der Frau über 50

(tom) Petra Binder und Doris Reichenauer haben das, was die Schwaben eine „Schwertgosch“ nennen. Als Duo „Dui do on de Sell“ frotzeln ihre Figuren „Mariele“ und „Karlene“ auf der Bühne über die Umgebung, Bekannte, Verwandte und natürlich sich selbst. Und das in einer Weise, dass sie damit beim Publikum Lacher im Minutentakt produzieren. Das füllte bei der Veranstaltung im Rahmen der „HCV kult“-Reihe den Saal in der Hirschhorner Brentanostraße aufs Beste.

Mit schwäbischem trockenem Humor widmeten sich Petra Binder und Doris Reichenauer in der schwül-heißen Luft des Veranstaltungsraums dem weiblichen Sprengstoffthema par excellence: den Wechseljahren. Midlife-Crisis, Zwischenmenschliches, die Trennung vom Mann, das Leben als Single oder der Arbeitsalltag: „Mariele“ und „Karlene“ thematisierten die Wehwehchen der Frau über 50 und trafen damit ein ums andere Mal den Nerv des Publikums – unter dem sich auch Männer befanden.

Ab 50 werden die Zeiten für Frauen hart, wussten beide zu berichten. Während Männer reifen, werden aus Damen über Nacht alte Schachteln, hieß die Klage. Schönheitschirurgie wird zur Änderungsschneiderei, und bei all dem muss auch noch der Marktwert gehalten werden. Die Wünsche bei der Partnersuche sind klar: Der kultivierte Holzfällertyp darf’s für die urbane Schwäbin schon sein. Wird der nicht gefunden, helfen bestimmt homöopathische Schlafdragees.

Mit einer Kombination aus Satire, messerscharfer Ironie und knochentrockenem Humor holten Binder und Reichenauer das Leben in ungeschminkter Rohfassung auf die Bühne. Beim kabarettistischen Zug durch die zweite Lebenshälfte legten die beiden Darstellerinnen dabei meisterhaft Ängste, Marotten und Neurosen offen und zeichneten ein ebenso bissiges wie warmherziges Porträt der weiblichen „Best Agers“ aus dem Ländle.
Den Tanz zwischen künstlerischer Überspitzung und vertraulicher Tratsch-Runde mit einem Saal voller Gäste beherrschten die beiden Antidepressiva in Strass und Leoparden-Muster wie kaum eine andere. Lebensnah und mit einfühlsamem Hintersinn machten die beiden verbalen Rasiermesser das Kabarett zur Gruppentherapie. Manchmal tussig, gerne flippig, immer temperamentvoll, vor allem aber authentisch.

14.06.15

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